durch das Fokker-Team-Schorndorf |
Nachdem wir im Modell bereits den Rumpf des Flugzeugs gebaut hatten, entschieden wir uns dazu, die Arbeiten am "Original" mit den Tragflügeln zu starten. Renate Engels zeigt den Modellrumpf mit dem alles begann.
Es war reines Glück, daß wir
uns für den Dreidecker entschieden hatten. Bei der Fertigung der einzelnen Rippen merkten
wir bald, daß er einen immensen Vorzug besaß. Alle drei
Tragflügel waren mit demselben Flügelprofil versehen. Dies zog sich auch über die
gesamte Spannweite unverändert hin. In der Praxis bedeutete
dieser glückliche Umstand für uns,
daß wir nur eine Schablone für die Form aller Rippen anfertigen
mußten und daß die Serienfertigung der Rippen - es wurden immerhin rund 60 Exemplare benötigt - recht einfach und schnell
vonstatten gehen konnte. Die Kontur des Flügelprofils wurde auf große Sperrholzplatten übertragen. Diese Platten bestanden aus Finnbirke-Flugzeugsperr-holz und hatten eine Abmessung von 1,5m x 1,5m. Die Rippen wurden so aufgezeichnet, daß möglichst wenig Verschnitt entstehen konnte. Die auf diese Weise angezeichnete Sperrholzplatte wurde auf zwei unangezeichnete gelegt und mit Klemmzwingen gegen Verrutschen gesichert. Anschließend wurde mit einer einfachen Stichsäge grob um die Rippen geschnitten. Die nun grob ausgeschnittenen Rippenhölzer wurden von uns in Zehnergruppen zusammengefaßt und sauber gleichmäßig verarbeitet. Das Resultat waren saubere Grundlagen für den weiteren Rippenbau. Die ersten Rippen
im Rohbau.
Als nächstes mußten die Rippenflanschen aus 9mm x 6mm Tannenleisten angefertigt werden. Die Leisten erhielten an einer der 9mm breiten Seiten eine Nut von 3mm Tiefe. Die Breite der Nut entsprach der Stärke der Rippensperrhölzer. Entlang der Rippenränder wurden diese Flanschen nun auf die Rippen geschoben und verleimt. Nach dem Trocknen wurden die Erleichterungslöcher jeder einzelnen Rippe mit der Lochsäge herausgeschnitten. Was jetzt noch fehlte waren die Versteifungsleisten aus Sperrholz und der Holmausschnitt für den Hauptholm und den Hilfsholm am Ende des Flügels. Die Rippen waren nun zumindest als Rohteile vorhanden. Unsere Aufmerksamkeit wandte sich jetzt den Holmen der Maschine zu. Jeder Holm besteht aus vier Holmgurten aus Fichte. Die Dicke der einzelnen Gurte bleibt über die gesamte Spannweite erhalten. Nach außen hin verjüngen sie sich aber in der Breite. Jeweils zwei dieser Gurte sind mittels 1,5mm starkem Sperrholz im Abstand von 97mm von Oberkante zu Unterkante zusammengefaßt. Zuerst wurde eines der beiden Sperrhölzer aufgeleimt und vernagelt. Dann wurden an den Stellen, an denen Beschläge sitzen mußten kleine Füllstücke aus Tanne eingepaßt. Diese verhindern ein Zusammenquetschen und Ausreißen der Sperrholzwände durch die Beschlagschrauben. Danach konnte auch die zweite Sperrholz-wand angebracht werden, so daß ein geschlossener Flügelholm entstand. Zwei dieser Holme wurden dann durch wiederum 1,5mm starke und 200mm breite Sperrholzplatten an Ober- und Unterseite miteinander verbunden. Auch hierbei wurde zunächst nur eine Seite geschlossen, während die andere offen blieb. In regelmäßigen Abständen befinden sich einzelne Schotten zwischen den einfachen Holmen eines Flügelholmes. Diese verhindern ein Verdrehen des Holmes in sich. Nachdem diese eingebaut waren konnte die bis dahin offen gelassene Seite auch verschlossen werden. Was übrig blieb war ein einfacher, rechteckiger Flügelholm mit den Abmessungen 100mm x 200mm. Der Aufbau aller Holme war der gleiche. Sie unterschieden sich lediglich in der Spannweite und den Beschlägen. Alle drei Tragflügel wurden von uns im Hinterzimmer des Elektronik-Geschäftes meines Vaters gebaut. Wir hatten uns dort eine kleine Werkstatt eingerichtet, natürlich war alles recht abenteuerlich. Aber es hat funktioniert. Die Holme selbst waren zwar lang, aber nicht sehr sperrig. Das änderte sich in dem Augenblick, als wir die Rippen auf den Holm zogen. Die Flügeltiefe maß immerhin 1m. Der Unterflügel wurde zuerst von uns vorgenommen. Die Rippen wurden aufgeschoben und der kleine Hilfsholm eingeführt. Für das letztendliche Befestigen der Rippen am Holm wurde eine Helling benötigt, die sicher stellte, daß die Rippen auch alle wirklich in einer Linie lagen und nicht etwa eine Wellenlinie bildeten. Die Verbindung zwischen Rippen und Holm erfolgte durch einfache, dreieckige Tannenleisten, die beidseitig gegen die Rippen und den Holm genagelt und verleimt wurden. An der Vorder- und der Rückseite waren die Leisten genau so lang, daß sie zwischen die Flanschen paßten. An der Ober- und Unterseite waren diese Stücke lediglich 40mm lang und befanden sich an der Hinterkante des Holmes. Vater und Sohn Engels arbeiten gemeinsam an einem der Flügel. Der beschränkte Raum, der uns damals zur Verfügung stand ist gut zu erkennen.
Der konstruktive Aufbau der drei Flügelpaare entspricht sich jeweils. Nachdem der Unterflügel im Rohbau fertig gestellt war und die hierbei aufgetretenen Probleme von uns gemeistert waren, war der Bau des Mittel- und des Oberflügels relativ einfach. Was allerdings weiterhin problematisch blieb war der mangelnde Platz in der "Werkstatt". Um den Mittelflügel in Angriff nehmen zu können, mußten wir einen Platz für den Unterflügel finden. Das einfachste schien uns zu sein, den Unterflügel an die Decke des Raumes zu binden. Das Gleiche taten wir dann auch mit dem Mittelflügel. Erst beim Oberflügel trat eine weitere kleine Schwierigkeit auf. Die Spannweite. Hier mußten wir nun die gesamte Diagonale des Raumes ausnutzen um den Flügel unterzubringen. Stück für Stück bauten sich im Hinterraum des Elektronik-Geschäfts meines Vaters die Tragflügel eines der bekanntesten Flugzeuge aus dem ersten Weltkrieg auf. Es war irgendwie ein erhebendes Gefühl dabei zuzusehen, wie etwas altes neu entstand. Die Begeisterung für die Sache wuchs mit jedem kleinen Bauteil, das dem Projekt zugeführt wurde. Langsam aber sicher entstand unter unseren Händen ein Flugzeug. Der Traum, der einige Jahre zuvor in uns aufstieg, bekam im wahrsten Sinne des Wortes Flügel. Zu guter Letzt wurde den Flügeln die Nasenbeplankung aus 1,5mm Birkensperrholz aufgezogen. Damit waren sie soweit fertig. In ganz Schorndorf fanden wir keine große Garage oder kleine Werkhalle in der wir die weitere Arbeit hätten vornehmen können. Der einzige Raum, der uns zur Verfügung gestellt wurde, war eine Tenne in einer alten Lagerscheune. Diese befand sich in einer Höhe von etwa 5m und besaß eine Grundfläche von 7,5m x 4m. In der Mitte dieser Tenne war ein großes 2m x 2m großes Loch, das durch ein einfaches Holzgeländer eingerahmt wurde. Dort hinauf mußten jetzt die Flügel, denn sie behinderten die Arbeit in der "Werkstatt" durch ihre Größe doch schon sehr. Durch ein Fenster in der Rückwand des Ladens wurden die Tragflächen nach draußen geschafft und dort einzeln, nacheinander, auf den Dachträger eines Ford Fiesta verladen, und im Schrittempo in die etwa 3km entfernte Scheune quer durch Schorndorf gefahren. Vorsichtig wurden sie nach oben gewuchtet und erwarteten nun in aller Seelenruhe ihre Bespannung. Wolfgang Schuster und Mathias Dobler beim Ausbringen des Oberflügels durch das Fenster in der Rückwand des Geschäftes der Familie Engels. V.l.n.r.: Harald Fischer, Wolfgang Schuster, Achim Engels und Mathias Dobler. Der Unterflügel wird auf dem Dachträger des Ford Fiesta festgeschnallt. Achim Engels und Harald Fischer bringen den Unterflügel auf die Tenne. Irgendwann war es dann doch geschafft! V.l.n.r.: Wolfgang Schuster, Mathias Dobler, Achim Engels, Harald Fischer. Die drei Flügel auf der viel zu kleinen Tenne der viel zu großen Scheune. Unterdessen setzten wir die Arbeit in der "Werkstatt" fort. Da der Dreidecker in großem Maße geschweißte Stahlrohrkomponenten enthielt, mußten wir uns nun dieser Technik zuwenden und das Autogenschweißen erlernen.Wieder wurden die schlauen Bücher von uns konsultiert. Doch von der Theorie bis zur Praxis ist es ein langer Weg, und so waren die ersten Versuche eher mit wilden Bratereien zu vergleichen als mit vernünftigen, oder zumindest brauchbaren Schweißnähten. Aber auch das bekamen wir in den Griff. Das erste Bauteil aus Stahlrohr an das wir uns endlich wagten, war das Seitenruder. Die Arbeit ging gut von statten und das Resultat war ein wunderschönes Komma-Seitenruder. Kurz darauf folgten die Querruder, die Dämpfungsfläche und das Höhenruder. Auch diese Teile wurden in die Scheune gebracht und auf der Tenne zunächst eingelagert. Die Helling zum Schweißen der Rumpfseitenteile.
Der Gitterrumpf des Dreideckers im Rohbau. Die Schuster-Garage als Werkstatt für das Schweißen des Rumpfes. Jetzt war Knochenarbeit angesagt, denn die Stahlrohre der Gitterrohrkonstruktion des Rumpfes mußten schön sauber angepaßt werden. Sie wurden exakt auf Passung gefeilt. Geschweißt wurde in einer Helling, welche die Rohre der Rumpfseiten in den richtigen Winkeln festhielten. Die gleichmäßige Erwärmung der Stahlrohre durch den Schweißbrenner ist Grundvoraussetzung, da sich ansonsten die Stahlrohre verziehen. Die Arbeiten am Rumpfgerüst wurden von uns in der Garage der Familie Schuster ausgeführt. Der gesamte Rumpf wurde nach seiner Fertigstellung mit Rostschutzmittel eingestrichen und anschließend olivgrün gestrichen. Das geschah wieder in der Scheune gemeinsam mit den anderen Stahlrohr-Komponenten. Überall dort, wo später der Bespannstoff aufliegen sollte, wurden die Rohre mit Leinenstreifen umwickelt. Daran konnte der Stoff durch Nähen und Leimen befestigt werden. Mittlerweile war der Raum, den die Tenne bot, voll ausgenutzt. Man konnte sich kaum noch bewegen. Der
fertige
Rohbau-Rumpf vor der Scheune. Der fertige Rumpf wird zur Bespannung von der Tenne geholt. Das Bespannen übten wir zunächst an kleinen selbstgebauten Holzrähmchen. Nachdem das recht gut funktionierte, begannen wir damit, die kleinen Flächen wie Seitenruder, Querruder, Höhenruder und so weiter mit Leinenstoff zu überziehen. Sämtliche Bespannarbeiten wurden wieder in der Garage ausgeführt. Nach den Kleinteilen verfrachteten wir den Unterflügel ebenfalls dort hin und befassten uns mit seiner Bespannung. Es ging ebenfalls ohne Probleme von der Hand. Das Langwierigste beim Bespannen der Flügel war das Annähen des Stoffs an die Rippen. Um überhaupt an diesen Stellen nähen zu können, wurden die Flanschen der Rippen mit einem Leinenstreifen überklebt, der an den Seiten überlappte und mit dem Sperrholz der Rippen verleimt war. Leider konnten wir den Mittel und den Oberflügel nicht ebenfalls in der Garage bespannen, da bereits beim Unterflügel zwischen die Flügelspitze und die geschlossene Türe kein Blatt Papier mehr passte. Darum wurden sie in der Scheune mit Stoff überzogen. Die Bespannung des Rumpfes konnte dann wiederum in der Garage erfolgen. Der Unterflügel
vor der Bespannung in der Schuster-Garage. Das Aufbringen der Bespannung. Fertig bespannter Unterflügel. Fertig bespannter Rumpf. Wolfgang Schuster beim Streichen einer der im Text erwähnten Felgen. Nun wurde das Fahrwerk gebaut. Bei der Beschaffung des tropfenförmigen Stahlrohres gab es einige Verzögerungen. Das Material kam aus den Staaten da wir in Deutschland keinen Lieferanten finden konnten. Selbst herstellen wollten wir es nicht. Es wäre zwar möglich, aber auch sehr aufwendig gewesen. Die Räder fanden sich von allein. In der Scheune, in der sich die Tenne befand wo die Flugzeugteile von uns eingelagert waren, stand auch ein alter Feuerwehrschlauchwagen. Seine Räder hatten genau die richtigen Abmessungen. Durchmesser, Speichenzahl und Spurbreite der Reifen, alles passte wie die berühmte Faust aufs Auge. Der einzige Schönheitsfehler lag in der Bereifung. Sie waren profiliert. Wolfgang Schuster
und Renate Engels mit dem Fahrwerk im Rohbau. Da standen sie jetzt also tatsächlich fertig vor uns. Die einzelnen Baugruppen unserer Rekonstruktion - die Fokker Dr.I. Der Zeitpunkt der Fertigstellung und der Abholung der Maschine durch das Auto & Technik Museum Speyer rückten unaufhaltsam näher. Bis jetzt mußten wir eigentlich nur davon ausgehen, daß alles auch zusammenpassen würde. Darum entschieden wir uns dazu, das Flugzeug, sozusagen zur Übung, einmal komplett zusammenzubauen. Nach einigem Hin und Her haben wir uns dazu durchgerungen, das Flugzeug im Garten von Wolfgang Schusters Eltern aufzubauen. Der Aufbau lief nahezu genauso reibungslos ab wie der Bau selbst. Der Dreidecker im
Garten der Familie Schuster. Blick über den Führerstand. Etwa eine Woche stand das Flugzeug, Tag und Nacht von uns bewacht, dort unter dem Mirabellenbaum. Der Mirabellenbaum ist wichtig und sollte nicht übergangen werden. Denn in dieser Woche kamen Reporter von drei verschiedenen Zeitungen zu uns um Interviews zu machen. Sie hatten irgendwie Wind davon bekommen. Und jeder dieser Reporter erwähnte in seinem Bericht, daß das Flugzeug dort im Garten unter dem Mirabellenbaum steht. Welch Schule! Das Flugzeug wurde zur Sensation schlecht hin und wir kamen vor lauter Vorträgen, die wir fremden Leuten gaben, kaum noch dazu die letzten wichtigen Handgriffe durchzuführen. Aber trotz allem was uns davon abhalten wollte, konnten wir die Maschine für den Abtransport vorbereiten. Der Tag kam, und eines Abends auch der Lastwagen des Museums. Schweren Herzens verluden wir das Flugzeug auf die Ladefläche. Erst die Flügel, dann die Leitwerke und schließlich auch den Rumpf. Es regnete an diesem Abend. Der LKW fuhr und mit ihm unser "Kind", unser Kindheitstraum. Zwei Wochen darauf fuhren wir nach Speyer und bauten dort im Technik Museum das Flugzeug auf. Das Flugzeug nach seiner Ankunft im Technik Museum Speyer. Letzte Änderungen
werden vorgenommen. V.l.n.r.: Wolfgang Schuster, Achim Engels. Bald darauf waren auch der Propeller und die Motorattrappe fertig und konnten von uns eingebaut werden. Jetzt ist die Maschine komplett und hängt an der Decke des Museums. Bernd Gaab
siegessicher bei der Arbeit am Propeller. Der Propeller und die Motorattrappe sind fertig und wurden an einem Samstagmorgen nach Speyer transportiert. Die Fertigstellung in Speyer. V.l.n.r.: Steffen Krauter, Achim Engels, Wolfgang Schuster. Wir betrachten diese erste Rekonstruktion des Fokker-Team-Schorndorf als Diskussionsgrundlage und wollen hierauf aufbauend auch etwaige Fehler beseitigen, so daß das geschichtliche Wissen um den Aufbau der Dr.I auch korrekt erhalten bleibt. Während der Arbeiten an unserem Nachbau wurden durchaus auch historische Fehler gemacht, die aber soweit möglich beseitigt wurden. Mit Sicherheit wurden die Konstruktionsunterlagen aber ständig verbessert, aktualisiert und korrigiert. Wir betrachten unsere Arbeit vom Standpunkt des Historikers und nicht anders. Wir sind bestrebt, nicht einfach Nachbauten zu erstellen, wie es heute üblich ist, sondern versuchen unsere Unterlagen auch durch historische Dokumente zu untermauern. Die von dem Fokker-Team-Schorndorf rekonstruierte und nachgebaute Fokker Dr.I stellt erst den Beginn dar. Weitere Projekte werden folgen. Auch bei diesen bauen wir auf die Unterstützung durch jeden der sich hierfür interessiert. Das Produkt langer Arbeit. Spaß hat's gemacht. Wenn Sie sich für Konstruktionszeichnungen des Flugzeuges interessieren, so finden Sie eine Aufstellung und einige Muster auf dieser Website unter "technische Zeichnungen" |
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